Vercingetorix - Erster Widerstandskämpfer und Nationalheld Frankreichs

Wer kennt nicht die Comics Asterix und Obelix gegen die römischen Eroberer? Mehrere Alben behandeln auf humorvolle Weise die Kapitulation des Arvernerkönigs nach der Schlacht von Alesia.

Vercingetorix, gallischer Widerstandskämpfer gegen Julius Cäsar und der erste der französischen Geschichte, zog sich im Jahr 52 v. Chr. mit 80 000 Kriegern ins Oppidum von Alesia zurück. Ihm gegenüber befanden sich 12 römische Legionen, die eine erbarmungslose Belagerung begannen. Nach fast vierzig Tagen unerbittlicher Blockade und Auseinandersetzungen, wurde der Gallier besiegt und musste sich ergeben.


Gallier oder Kelten

Gallier oder Kelten – Welche Bezeichnung ist richtig und was ist der Unterschied?
Arverner, Boier, Häduer, Rauriker und Sequaner? Zu welchem Stamm gehörte Vercingetorix? Wie viele Stämme gab es?

Geschichtsforscher zählen mehr als 400 Stämme zu den Kelten, von denen heute allerdings nicht alle namentlich bekannt sind. Der Name Gallier wurde von den Römern eingeführt und bezeichnete alle keltischen Stämme im heutigen Frankreich. Dabei gab es die sogenannte „Gaule cisalpine“ im Süden der Alpen und die „Gaule transalpine“. Vercingetorix gehörte zum Stamm der Averner, einem von mehr als sechzig verschiedenen keltischen Stämmen, der auch zu einem der größten zählte.


Die Geburt eines gallischen Königs

Vercingetorix, dessen Name wahrscheinlich „Großer König der Krieger“ bedeutet, wurde um 80 v. Chr. im Gebiet der Arverner, der heutigen Auvergne, als Sohn des arvernerischen Aristokraten Celtillos geboren. Vercingetorix war höchst wahrscheinlich nicht sein eigentlicher Name. Gallier erhielten beim Übergang ins Erwachsenenalter einen „Männernamen“, während die Geburtsnamen von Jungen denen der Väter ähnelten. Der Name Vercingetorix setzt sich aus dem Präfix ver („groß“), cingetos („Marschierer“ oder „Krieger“) und rixs („König“) zusammen.
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Quelle: Gallica BNF


Die Arverver waren ein wohlhabendes Volk in der heutigen Limagne, einer fruchtbaren Landschaft am Fluss Allier gelegen. Sein genauer Geburtsort ist bis heute nicht bekannt, doch er befindet sich innerhalb dieser Region.

Vercingetorix stammt aus einer großen Adelsfamilie. Sein Vater Celtillos wurde beschuldigt, die Monarchie unter den Arvernern wiederherstellen zu wollen. So wurde Celtillos von seinen Landsleuten vor den Augen seines noch sehr jungen Sohnes auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Politische Spannungen waren in den gallischen Städten und zwischen den verschiedenen keltischen Stämmen keine Seltenheit.
Nachdem Südfrankreich zwischen 125-122 v. Chr. von den Römern erobert wurde, entstanden zahlreiche Handelsverträge zwischen den gallischen Stämmen und Rom. Vor allem die Häduer, das größte keltische Volk, schwörten Rom ihre Treue und sie knüpften lukrative kommerzielle Abkommen, sowie politische und militärische Beziehungen. Sie genossen viele Privilegien.

Als die Helvetier 58 v. Chr. zusammen mit den Raurikern, Boiern und Tulingern beschlossen, das Schweizer Mittelland zu verlassen und in Massen in die Saintonge (ehemaligen Provinz in Westfrankreich) zu ziehen, weigern sich die Häduer, sie durch ihr Gebiet ziehen zu lassen, und baten Rom um Hilfe. Der Prokonsul Cäsar griff an der Spitze von fünf Legionen ein. Cäsar, der davon träumte alle gallischen Völker der Autorität Roms zu unterwerfen und sich die Reichtümer anzueignen, ließ sich nicht zweimal bitten. Dies war der Beginn des Gallischen Krieges.

Wie viele andere junge gallische Adlige zu dieser Zeit begleitete auch Vercingetorix den Feldherrn auf seinen Kriegszügen und diente wahrscheinlich in den gallischen Hilfsschwadronen der Kavallerie. Dort erlernte er während seiner Ausbildung römische Kampftaktiken und –strategien.

Die Helvetier verloren den Kampf und wurden auf ihr Gebiet zurückgedrängt. Nur die Boier erhielten das Recht, sich an den Gebietsrändern der Häduer anzusiedeln.
Kurz darauf kämpfte Cäsar gegen den germanischen König Ariovist, der das Gebiet der Sequaner unter seine Kontrolle gebracht hatte, und fügte ihm eine schwere Niederlage zu.

Als die römische Präsenz immer bedrohlicher wurde, kam es unter der Führung von Ambiorix, dem König der Eburonen, zu einem ersten gallischen Aufstand. Sie attackierten die römischen Legionen, die in ihrem Gebiet überwinterten.

Im Jahr 53 v. Chr., fünf Jahre nach Beginn der römischen Invasion in Gallien, entschied sich Vercingetorix ebenfalls gegen Cäsar zu kämpfen. Im Jahr 52 v.Ch. flammte der Aufstand in Gallien erneut auf, angestiftet von den Karnuten, die die in Cenabum (Orléans) anwesenden römischen Händler niedermetzeln.

Der junge arvernische Aristokrat plante, die Macht seines Volkes zu übernehmen und seine Anhänger gegen Rom aufzubringen, aber sein Onkel Gobannitio schaffte es, diesen Staatsstreich zunächst zu verhindern und vertrieb ihn aus der Stadt Gergovia. Es ist unklar, ob Gobannitio nicht verantwortlich für die Hinrichtung seines Vaters Celtillo war. Vercingetorix gründete eine stattliche Armee, übernahm mit Gewalt die Macht und wurde im Jahr 52 v.Ch. offiziell von seinen Anhängern zum König ausgerufen.


Niederlage und Sieg der Gallier

Der Herrscher der Arverner erhielt durch Gesandtschaften die Unterstützung anderer gallischer Stämme, darunter die Cadurcer im Süden, den Senonen und Parisier im Norden und von allen Stämmen im Westen Galliens.
Daraufhin begab sich Cäsar sofort nach Narbonne, überquerte die Pässe des Vivarais (heute das Departement Ardèche) und verwüstete das Gebiet der Arverner, bevor er Vienne und das Gebiet der Lingonen erreichte.

Vercingetorix zog nach Norden und belagerte das Oppidum von Gorgodina bei den Boiern (in der Nähe von Sancerre), die mit den Häduern verbündet waren. Auf seinem Weg wendete er die Strategie der verbrannten Erde an, indem er die Ernten, Kornspeicher und sogar Städte zerstörte und niederbrannte, um die römische Armee auszuhungern.

Um Vercingetorix aus der Stadt zu locken, eroberte Cäsar Vellaunodunum (Château-Landon), nahm die Stadt Cenabum ein und belagerte Avaricum (Bourges), indem er die Bewohner und die Hilfsarmee von Vercingetorix aushungern ließ. Die römischen Soldaten sollten alle Einwohner der Stadt ermorden. Von 40.000 Menschen entkamen nur 800. Dies zwang Vercingetorix dazu, Cäsar zu folgen. Ein enormer Rückschlag für den jungen König.

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Römischer Denar, der eine Waffentrophäe zeigt:
einen gallischen Helm und Brustpanzer auf einem Pfahl, geschmückt mit Schilden, Lanzen und Carnyx (gallischen Trompeten). 
Quelle: Gallica BNF

Doch auch die römischen Legionen litten und verloren nach und nach ihre Verbündeten in Gallien. Während der Legat Titus Labienus mit zwei Legionen gegen die Senonen und Parisier kämpfte, überquerte Cäsar den Allier, griff die Arverner an und belagerte mit sechs Legionen ihre Hauptfestung Gergovie, in die sich Vercingetorix mit seiner Armee zurückgezogen hatte. Die Topografie vereitelte die Angriffspläne des römischen Feldherrns und zu diesem Zeitpunkt wechselten viele Häduer nach langem Zögern die Seite, schlossen sich der gallischen Koalition an und zwangen Cäsar, die Belagerung aufzugeben. Nach eigenen Angaben verloren die Römer etwa siebenhundert Legionäre, wobei Historiker davon ausgehen, dass die Zahlen nicht stimmen. Cäsar versuchte wahrscheinlich das Ausmaß der Katastrophe zu verbergen, um nicht das Vertrauen des Senats zu verlieren.

Der junge Krieger Vercingetorix schaffte es, zum ersten Mal in der Geschichte, 
die meisten gallischen Stämme zu vereinen.


Die letzte Schlacht der Gallier

Gergovia war also eine Katastrophe, Cäsar wurde von den Galliern überrascht und musste sich zurückziehen. Er zog mit seiner Armee Richtung Norden, um den Eindruck zu erwecken, dass er Labienus zur Hilfe eilen wollte. Die letzten Häduer verließen die römischen Ränge, um sich den gallischen Völkern anzuschließen. In Bibracte, der Hauptstadt der Häduer, setzte sich Vercingetorix endgültig als Kriegsherr der gallischen Koalition durch.

Doch die letzte Schlacht in Alesia sollte bald folgen.

Nachdem Julius Cäsar zwölf neue Legionen mit über 50 000 Legionären gebildet hatte, wollte Vercingetorix ihn nicht entkommen lassen. Nur wenige Kilometer von Alesia entfernt, fand die Schlacht entlang des Flusses Armançon statt, doch sie ging zu Gunsten der Römer, unterstützt von den Germanen, die Cäsar 
selbst einige Jahre zuvor aus Gallier vertrieben hatte, aus. Daraufhin zogen sich die Gallier (nach Cäsars Angaben etwa 80 000 Kämpfer) ins Oppidum von Alesia zurück. Noch bevor die Römer in Alesia eintrafen, schickte Vercingetorix eine Kavallerie aus, um alle gallischen Völker aufzufordern eine Hilfsarmee zu schicken.

Die Römer errichteten rund ums Oppidum ihre Lager und bauten einen riesigen doppelten Befestigungswall, gruben einen 4,50 m breiten und ebenso tiefen Graben, der sich aufgrund des sumpfigen Geländes schnell mit Wasser füllte und bauten einen 3,50 m hohen Erdwall mit Palisaden und Pfählen. Eine weise Vorsichtsmaßnahme der Römer, die die Hilfsarmee somit abwehren konnten.

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Diese Belagerungsstrategie hinderte die Gallier, sich mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Diese hatten ausreichend Proviant für einen Monat, was der Hilfsarmee genügend Zeit ließ, um pünktlich in Alesia anzukommen und die Römer durch einen Angriff von hinten zu überraschen. Als die Vorräte langsam ausgingen, wurden Frauen, Kinder und alte Menschen aus der Stadt vertrieben. Sie verhungerten qualvoll zwischen den beiden Lagern, da Cäsar sie nicht passieren ließ.

Gegen Ende September 52 v.Ch. trafen endlich die gallischen Hilfstruppen ein und postierten sich auf einem Hügel. Cäsar schickte seine Kavallerie in den Kampf und die germanischen Krieger schlugen die gallischen Reiter in die Flucht.

In der Nacht versuchte die Hilfsarmee erneut, durch die römischen Verteidigungslinien zu dringen, doch die Vielzahl an Fallen verlangsamte ihren Vormarsch. Es kam zu großen Verlusten auf beiden Seiten.

Nach diesen beiden Niederlagen der Gallier, attackierte Vercassivellaunos, ein Cousin von Vercingetorix, mit einer Elitetruppe die Römer. Doch die Gallier waren nicht genug vorbereitet und die Koordination mit den Belagerten war schlecht. Vercingetorix verließ das Oppidum, um in den Kampf zu ziehen und einen Moment lang gelang es den vereinten keltischen Stämmen, die römischen Hindernisse zu überwinden. Sie schafften es die Gräben aufzufüllen und eine Bresche in die Palisade zu schlagen.

Bis Cäsar selbst mit seinen Truppen in den Kampf zog. Sie drängten den Feind zurück, überraschten die Gallier von hinten und hinderten sie am Rückzug. Vercassivellaunos wurde gefangen genommen und Vercingetorix befahl den Rückzug in die Stadt.

Nach etwa vierzig Tagen war dies das Ende der Schlacht von Alesia. Am nächsten Tag ergab sich der junge gallische König. Sein Leben im Austausch für das der Überlebenden von Alesia. Die meisten Gallier wurden versklavt. Diejenigen, die zu schwach oder verletzt waren, wurden ihrem Schicksal überlassen. Die erneute Niederlage der Gallier bedeutete auch das Ende der Blütezeit der keltischen Stämme und ihrer Kultur.

Sein Traum von einem vereinten, befriedeten und von Rom befreiten Gallien zerschellte im Herbst 52 v. Chr. an den römischen Pfählen und Wällen.


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Vercingetorix wirft Cäsar seine Waffen vor die Füße. Gemälde von Lionel Royer (1899)
Quelle: Paris Musées


Gefangenschaft und Wiedergeburt

Stolz ritt Vercingetorix auf seinem Ross aus dem Oppidum und den Hügel hinunter. Ihm wurden die Waffen abgenommen und Ketten angelegt. Nach einer langen Gefangenschaft im Tullianum wurde Vercingetorix 46 v.Chr. erdrosselt.

Warum hielt man den gallischen Anführer so viele Jahre nach seiner Kapitulation am Leben?

Cicero schrieb im Jahr 70. v.Chr. : „Aber selbst wer das Recht des Triumphes erhält und daher gewiß die feindlichen Führer am Leben läßt um sie für seinen Triumphzug aufzuheben und in ihrem Aufmarsch unser Volk das herrlichste Schauspiel, die Früchte des Sieges genießen zu lassen, selbst der läßt dennoch in dem Augenblicke, da die Wagen vom Forum zum Kapitol hin abbiegen, jene Gefangenen in den Kerker abführen; derselbe Tag macht der militärischen Gewalt des Siegers und dem Leben der Besiegten ein Ende.“ (Reden gegen Verres, Marcus Tullius Cicero, Kapitel 8 - Der Anklage fünfter Teil. Die Mordrede, 77).

Historiker gehen also davon aus, dass Vercingetorix höchstwahrscheinlich angekettet bei der römischen Triumphparade hinter den Mitgliedern des Senats her marschierte, um als Trophäe zur Schau gestellt zu werden. Im August 46 v.Chr. und nach einer langen Militärkampagne in Gallien, feierte Cäsar, innerhalb von nur wenigen Tagen, vier Triumphe seiner Siege über Gallien, Ägypten, das Königreich Pontus in Kleinasien und Afrika. Nach dieser Feier wurden die Gefangenen hingerichtet und in den Tiber geworfen. Der gallische König wurde bis zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich in den Kerkern des Tullianums (auch Mamertinisches Gefängnis genannt) gefangen gehalten.

Es war der römische Geschichtsschreiber Lucius Cassius Dio, der im 3. Jahrhundert n. Chr. vom Tode Vercingetorix‘ berichtete, ohne Details zur Hinrichtungsmethode, zum Ort und genauen Datum der Hinrichtung zu nennen.

Danach geriet er für lange Zeit in Vergessenheit und wurde erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Es war Napoleon III., der auf dem Gelände von Alise-Sainte-Reine Ausgrabungen durchführen ließ. Die Fundstücke der Ausgrabungen werden heute im Musée d'archéologie nationale in Saint-Germain-en-Laye aufbewahrt.

Zu Ehren des gallischen Königs, der als Symbol des Kampfes für die Freiheit seines Volkes gilt, wurde 1865 eine 6,6 Meter hohe Statue in Alise-Sainte-Reine errichtet. Sie ist das Werk des Bildhauers Aimé Millet (1819-1891).

Heute ist Vercingetorix eine der bekanntesten Personen der französischen Geschichte.

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Nützliche Informationen

Heute können mehrere Stätten besucht werden, um mehr über Vercingetorix gegen Cäsar zu erfahren.

Musée de Gergovie
Plateau de Gergovie, 63670 La Roche-Blanche

Das Highlight ist die 14-minutige audiovisuelle Show. Es gibt Nachstellungen von gallischen und römischen Wällen und eines menschliches Grabes. Durch 3D-Bilder kann man die Entstehung des Plateau de Gergovie vor 27 Millionen Jahren erleben.


Muséo-Parc Alésia
1, route des Trois Ormeaux, 21150 Alise-Sainte-Reine

Ein interaktiver Rundgang mit Videos, Soundeffekten und Terminals, um sich zum Gallier oder Römer ausbilden zu lassen, oder virtuelle Ausgrabungen vorzunehmen. Die Ausgrabungsstätte liegt 3 km vom Museum entfernt. Dank eines Tablets ist eine wahre Zeitreise möglich.

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