Chilhac – Vulkan, Mastodont und Wein

Die „Petite Cité de Caractère“ Chilhac ist eine wahre Perle in den wilden Schluchten des Allier - ein Ort, an dem Geschichte, Natur und Kultur in harmonischer Weise aufeinandertreffen. Das Dorf begeistert Besucher durch sein gut erhaltenes Kulturerbe, seine vulkanischen Landschaften und friedliche Atmosphäre.



Die Basaltsäulen – ein geologisches Meisterwerk

Die eindrucksvollen Basaltsäulen von Chilhac, die das Landschaftsbild hoch über dem Allier prägen, sind das Ergebnis eines geologischen Prozesses, der sich vor etwa 1,6 bis 1,9 Millionen Jahren abspielte. Damals bedeckten mächtige Lavaströme vulkanischen Ursprungs die Region, ein Relikt der intensiven vulkanischen Aktivität in der heutigen Auvergne.

Wenn sich ein solcher Lavastrom ergießt, bildet er eine gleichmäßige, dicke Schicht aus glühendem Gestein. Während die Lava langsam abkühlt, zieht sie sich zusammen. Dieser Prozess wird in der Geologie als Kontraktion bezeichnet. Dabei entstehen Spannungen im Gestein, die sich durch die Bildung von Rissen entladen. Diese Risse verlaufen senkrecht zur Abkühlungsoberfläche und ordnen sich in einem meist hexagonalen (sechseckigen) Muster an – die energetisch günstigste Form in der Natur.

Im letzten Stadium dieses Prozesses entstehen die charakteristischen säulenartigen Strukturen, die an Orgelpfeifen erinnern – weshalb sie auf Französisch auch „orgues basaltiques“ genannt werden.

Die Basaltsäulen von Chilhac, die sich bis zu 70 Meter über dem Flussbett des Allier erheben, sind ein besonders gut erhaltenes Beispiel dieses Naturphänomens. Sie zeugen nicht nur von der vulkanischen Vergangenheit der Region, sondern bieten heute atemberaubende Ausblicke und ein spektakuläres Naturerlebnis.

Solche Basaltsäulen kennt man vor allem vom Giant’s Causeway in Nordirland, der mit seinen mehr als 40 000 polygonalen Säulen zum UNESCO-Welterbe zählt.

   




Spuren der Urzeit

In der Frühzeit – vor rund zwei Millionen Jahren – war die Region rund um Chilhac von einer reichen Tierwelt bevölkert. In den warmen, savannenähnlichen Landschaften lebten unter anderem Mastodonten, Riesenelefanten, Nashörner, Flusspferde, Antilopenartige sowie Raubtiere wie Säbelzahnkatzen. Diese Tiere hinterließen ihre Spuren im vulkanischen Boden, der durch seine Zusammensetzung ideale Bedingungen zur Konservierung bot.

Erst viel später, ab 1875, stießen Bauern bei der Feldarbeit auf ungewöhnliche Knochen – der Beginn einer wissenschaftlichen Entdeckungsgeschichte. Ab 1968 wurden systematische paläontologische Grabungen unter der Leitung von Forschern wie Christian Guth und Odile Boeuf durchgeführt. Dabei kamen spektakuläre Fossilienfunde ans Licht, die das Bild der prähistorischen Tierwelt weiter vervollständigten. Heute gehört Chilhac zu den bedeutendsten Fundorten für pleistozäne Fossilien in Frankreich.


Zwischen Herrschaft, Glauben und Mauern

Im Mittelalter entwickelte sich Chilhac zu einem bedeutenden befestigten Ort. Die strategisch günstige Lage hoch über dem Fluss Allier machte das Dorf zu einem wichtigen Verteidigungs- und Kontrollpunkt in der Region. Bereits im 14. Jahrhundert war der Ort vollständig von einer Mauer umgeben, die durch Tore, Türme und Wehrgänge gesichert war. Bis heute zeugen Reste dieser Befestigungen vom einstigen Schutzcharakter des Dorfes – darunter die noch erhaltene porte fortifiée, das alte Wehrtor, das einst den Zugang zum Ort kontrollierte.

   


Im Zentrum der mittelalterlichen Siedlung stand das château seigneurial, der Herrensitz der lokalen Grundherren. Der Eingang dieses befestigten Gebäudes ist noch heute durch einen Spitzbogen und eine kleine bretèche (eine steinerne Verteidigungsnische) erkennbar – typische Elemente der Militärarchitektur jener Zeit. Die Adligen von Chilhac herrschten über das umliegende Land und kontrollierten den Handel sowie die Nutzung der fruchtbaren Hänge und Flussauen.


   


   


Auch der Glaube spielte eine zentrale Rolle im Leben des mittelalterlichen Chilhac. Die romanische Kirche Saint-Honorat, deren Ursprünge bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen, dominiert bis heute das Ortsbild. Mit ihren massiven Mauern, dem wuchtigen Glockenturm und kunstvollen Kapitellen ist sie nicht nur ein Ort der Andacht, sondern auch ein bedeutendes architektonisches Zeugnis der damaligen Zeit.


Weinbau in Chilhac – Aufstieg, Niedergang & neue Hoffnung

In Chilhac und seiner Umgebung zeugen alte Trockenmauern, terrassierte Hänge und noch heute sichtbare Rebflächen davon, dass der Weinbau einst tief in die Landschaft eingebettet war. Über Jahrhunderte prägte er das dörfliche Leben – Menschen lebten vom Anbau, der Pflege der Reben und der Kelterei. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam das traditionelle Weingärtnern stark ins Wanken: die Reblaus (Phylloxera) zog durch die Weinberge und zerstörte viele Anlagen, gleichzeitig wirkten klimatische Probleme und wirtschaftlicher Druck. Hinzu kamen Bevölkerungsverluste, insbesondere infolge der Kriege, sowie eine Verlagerung der Landwirtschaft hin zur Viehzucht und hin zu weniger arbeitsintensiven Kulturen. So wurde der Weinanbau in Chilhac über die Jahre hinweg fast vollständig aufgegeben.

Doch es regt sich Neues! In der Region der Rives du Haut Allier gibt es in den letzten Jahren Initiativen, das Weinbauerbe zu reaktivieren. Ein konkretes Projekt läuft in Lavoûte‑Chilhac, wo auf der sogenannten Côte du Bois, oberhalb des Dorfes, terrassierte Hänge, die jahrelang überwuchert waren, wieder instand gesetzt werden. Die öffentlichen und kommunalen Träger bereiten die Bodenarbeiten, das Roden und die Freilegung alter Mauern vor. Erste Bepflanzungen sind für 2026 geplant. Einige Winzer schauen sich auch historische Rebsorten wie Pinot Noir, Gamay oder Viognier an, und es wird mit modernen Methoden experimentiert, die Boden und Klima schützen. So könnte der Weinbau bald wieder Teil der lebendigen Kulturlandschaft von Chilhac werden.





Sehenswürdigkeiten – Ein Dorf voller Spuren

Chilhac mag klein sein, doch es steckt voller historischer, geologischer und kultureller Schätze, die beim Erkunden des Ortes begeistern.

Das Museum Christian Guth ist eines der Herzstücke Chilhacs und befindet sich Place de l’église, auf der Felsklippe der Basaltorgeln über dem Allier. Diese spektakuläre Lage bietet eine Aussicht und unmittelbaren Bezug zur Landschaft, aus der die Fossilien stammen. Es wurde 1989 eröffnet und trägt den Namen des Paläontologen Christian Guth, der zusammen mit Odile Boeuf ab 1968 die systematischen Ausgrabungen leitete. Seine Arbeiten erweiterten das Wissen über die Tierwelt, die in dieser Region vor etwa 2 Millionen Jahren lebte, deutlich.

Im Erdgeschoss sind große Fossilien wie die Mastodonten und Mammuts ausgestellt, die in situ aus mehreren Fundstellen (genannt Chilhac I, II, III) im Laufe der Zeit ausgegraben wurden. Besonders bemerkenswert ist, dass der Fund eines kompletten und bekannten Schädels des Mastodonte d’Auvergne hier ausgestellt wird. Neben dem Mastodon sind im Erdgeschoss Südelefanten vertreten, während im Obergeschoss weitere Arten wie Nashörner, Hirsche, Gazellen, Hyänen, Bären, Pferde, Biber und Stachelschweine, sowie Vögel (z. B. Gänse und Enten) gezeigt werden.

Außerdem gibt es einen Innenhof und einen separaten Videoraum, in dem Geschichte, Ausgrabungen und wissenschaftliche Bedeutung erklärt werden – eine gute Ergänzung zu den Ausstellungsstücken.

Im Jahr 2003 wurde das Museum mit dem Titel Musée de France ausgezeichnet.

   

Die Kirche Saint‑Honorat ist ein bemerkenswertes Bauwerk, dessen Ursprung bis ins 12. oder 13. Jahrhundert zurückreicht. Ursprünglich im romanischen Stil errichtet, wurde sie im 14. und 15. Jahrhundert durch verschiedene Umbauten neugestaltet, was sich besonders in den neugotischen Bögen der Gewölbe zeigt. Der Chor der Kirche liegt eindrucksvoll direkt an einer steilen Felsenklippe und verleiht dem Bauwerk so eine dramatische und zugleich malerische Lage. Das Kirchenschiff ist unregelmäßig vierjochig und wird von seitlichen Kapellen begleitet. Besonders interessant sind zwei ursprünglich romanische Säulen in einer der nördlichen Seitenkapellen, die als Ansatzpunkte für neugotische Rippenbögen dienen. Der einst von einer achteckigen Spitze gekrönte, quadratische Glockenturm hat diese Haube seit der Französischen Revolution verloren, doch seine markante Form prägt weiterhin das Erscheinungsbild der Kirche. Seit dem 6. März 1925 steht Saint-Honorat als Monument historique unter besonderem Schutz und zeugt von der reichen Geschichte und Architektur dieser Region.

   



Die Hängebrücke, die den Allier überspannt, wurde im März 1883 eröffnet und war eine der frühen Anwendungen von Drahtseilen in der Brückenbaukunst. Der Entwurf stammte vom Ingenieur Heurtault, wobei die Bauarbeiten in zwei Hauptabschnitte unterteilt waren: die Steinmauern und das Drahtseiltragwerk. Sie wurde 2015 als Monument historique eingestuft, was ihre Bedeutung als technisches Denkmal unterstreicht.





Wenn Gassen die Handwerkskunst und das Dorfleben bewahren
Ein Spaziergang durch die engen Gassen von Chilhac ist wie eine kleine Zeitreise; nicht nur wegen der historischen Architektur, sondern auch wegen der Straßennamen, die vom früheren Alltagsleben erzählen. So erinnert die Rue des Vignerons an die Zeit, als der Weinbau eine zentrale Rolle im Dorf spielte und viele Einwohner in Reben und Keller arbeiteten. In der Rue du Forgeron lebte vermutlich der Dorfschmied, dessen Arbeit für Landwirtschaft, Handwerk und Transport unverzichtbar war. Die Rue du Four verweist auf einen ehemaligen Gemeinschaftsofen, der einst das Herz des dörflichen Lebens bildete. Besonders charmant ist auch die Rue des Dentellières, die auf die feine Handarbeit der Spitzenklöpplerinnen hinweist, ein traditionelles Kunsthandwerk, das vor allem von Frauen ausgeübt wurde.

Chilhac trägt seit 2016 das Label Petite Cité de Caractère, eine Auszeichnung für Gemeinden mit besonderem architektonischem und historischem Wert.


   

   

   



Wandern und Radeln durch die Schluchten

Wer Natur und Bewegung liebt, sollte Chilhac nicht nur besuchen, sondern durchwandern oder erradeln. Der GR 470 – Sources et Gorges de l’Allier ist ein Fernwanderweg, der von Brioude bis zu den Quellen des Allier bei Moure de la Gardille in der Margeride (Lozère) verläuft.

Die Via Allier ist eine reizvolle Fahrradroute entlang des Flusses, die direkt durch das Dorf führt.

Beide Routen verbinden Chilhac mit Highlights wie Langeac und Lavoûte-Chilhac – perfekt für alle, die Wandern, Radfahren und Natursport in beeindruckender Landschaft genießen wollen.



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